Urs M. Fiechtner (Amnesty International) besuchte das Progymnasium

Im Rahmen des Themas „Menschenrechte“ im Gemeinschaftskundeunterricht der Klassen 1o besuchte der Schriftsteller Urs M. Fiechtner am 30. November die Klasse 9 und 10a des Progymnasiums. Urs Fiechtner arbeitet ehrenamtlich für amnesty international. Das Progymnasium kooperiert mit amnesty wie mit der Bundeswehr zu den Themenbereichen Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungspolitik, Menschenrechte, Folter, Flucht, Asyl, Migration und anderen.

Besonderen Einblick in die Problematik der Folter, besonders der sog. „Weißen Folter“ hat Fiechtner durch seine Mitarbeit am Ulmer Behandlungszentrum für Folteropfer (BFU), das auf Initiative von Amnesty International  1995 gegründet wurde und das sich seither bundesweit ein hohes Ansehen erworben hat.

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http://www.bfu-ulm.de/hintergrund/jahresberichte

Zur Folter führte Fichtner von den Schülern und Schülerinnen aus: „Folter ist vollkommen sinnlos, da sie nur die Antworten bringt, die der Folterer hören will, mitnichten aber die Informationen, die der Gefolterte tatsächlich hat“.
Folter ist für ihn nichts anderes als ein reines Machtmittel, mit dem Menschen gedemütigt  und  psychisch zerstört werden sollen. Auch die reinen Zahlen und Fakten waren  eindrucksvoll:  151 Staaten der Erde haben die Antifolterkonvention der Vereinten Nationen unterzeichnet, aber trotzem wird in 131 Ländern immer noch Folter angewandt, physische wie psychische. Im Ulmer Behandlungszentrum würden laut Fiechtner im Jahr 120 bis 130 Opfer therapiert, die Erfolgsquote läge bei erfreulichen 75 Prozent. Geheilte seien davon überzeugt, „normalisiert“ zu sein, das heißt wieder ordentlich schlafen und ganz normal einer Arbeit nachgehen zu können. Allerwichtigstes Rezept sei es, diesen Opfern das Gefühl von verlässlicher Sicherheit zu geben. Weil viele so traumatisiert seien, dass sie kaum über ihre Erlebnisse sprechen könnten, käme es ferner ganz wesentlich und entscheidend darauf an, sie einfach reden zu lassen, ihnen zuhören zu können, ohne in irgendeiner Form bedrängend auf sie einzuwirken. Es müsse einfach bewusst gemacht werden: Jeder einzelne Flüchtling hat seine eigene Geschichte, die er über Grenzen hinweg trägt.

Besonders nahe gingen Fichtners Darstellungen seiner Erfahrungen mit Folteropfern aus der ehemaligen DDR, die oft erst nach langer Zeit ihre Erlebnisse zum Ausdruck bringen konnten. Den Schülern wurde verständlich, was Traumatisierung bedeutet: Etwas Vergangenes wird nicht einfach erinnert, sondern wiedererlebt, als ob es im Moment wieder stattfinden würde. Die betroffenen Personen sind dabei oft regelrecht „paralysiert“, sie vergessen alles um sich herum und verlieren sich völlig im Wiedererleben des traumatisierenden Ereignisses.

Fiechtner

Fiechtner beeindruckte die Schüler vor allem mit seinem lebendigen Vortrag und dem ausgefeilten sprachlichen Ausdruck. „Und das alles ohne Powerpoint und trotzdem nicht langweilig“, staunte ein Schüler in der Nachbesprechung.

 

Zur Biografie Fiechtners: 

Fiechtner hätte eigentlich, nach einem Schlachtschiff der Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg benannt, Tirpitz heißen sollen. Weil sein Vater, ein „Nazi durch und durch“, als Militärattaché dort diente, wuchs der kleine Urs im Chile des zu schrecklicher Berühmheit gelangten Generals Augusto Pinochet auf. Seine frühe Sozialisation verlief ausgeprägt faschistisch.

Der berüchtigte chilenische Diktator, der sich 1973 mit Hilfe der USA an die Macht putschte und das Land bis 1990 brutal unterdrückte – Tausende Ermordete, mehrere zehntausend Fälle von Folter, Vielzahl von Desaparecidos (gewaltsam Verschwundene) – ging in Urs‘ Elternhaus ein und aus. Den als „Schlächter von Lyon“ bekannten NS-Kriegsverbrecher Barbie nannte er nur „Onkel Klaus“. Und der kleine Junge selbst hatte das sehr zweifelhafte „Vergnügen“, schon im zarten Kindesalter von sieben Jahren uniformiert als „Maskottchen“ der chilenischen Streitkräfte namens „kleiner Kadett“ bei Truppenparaden mitmarschieren zu dürfen.

Aus solcher Kindheit im Zeitalter des Kalten Krieges hat Fiechtner viel über die Gegensätzlichkeit von Diktatur und Demokratie gelernt – und fortan seine persönlichen Konsequenzen gezogen. Zu allem, was auch nur im Ansatz irgendwie nach Militär zu riechen schien, ging er ganz weit auf Distanz. Bereits als 15-Jähriger widmete der jetzt 60-Jährige sein Leben dem Schutz von Menschenrechten, indem er der Gefangenenhilfsorganisation Amnesty International (AI) beitrat. Dort traf er, wie er sagte, auf die „ersten vernünftigen Leute“. 1995 wurde er in Ulm Mitbegründer des dortigen Behandlungszentrums für Folteropfer.

Seine Erfahrungen hat Fiechtner auch in einem spannenden Jugendbuch verarbeitet:

DTV ISBN-13: 978-3423078894 Vom Verlag empfohlenes Alter: 14 – 16 Jahre Preis: 6,95

Quellen:

BLIX, Dezember 2o15, http://www.blix.info/

Martin Gabel

Bild: Gomm, BVSG, Neu-Ulm

dtv-Verlag: Umschlagsseite

 

Weitere Informationen zur Person:

URS M. FIECHTNER

*1955 in Bonn, aufgewachsen in Lateinamerika unter Militärs und späteren Putschisten, freiberuflicher Schriftsteller und Herausgeber, Dozent in der Jugend- und Erwachsenenbildung, Menschenrechtsexperte von Amnesty International, lebt in der Nähe von Ulm.

Fiechtner publiziert seit Mitte der 70er Jahre Prosa, Lyrik und Sachtexte – darunter auch Jugendbücher – und wurde mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet. 1976 gründete er die interkulturelle Autorengruppe79, die Maßstäbe für die Verbindung von Literatur und Musik gesetzt und den Begriff der „Konzertlesung“ geschaffen hat. Seitdem arbeitet er häufig mit Autoren und Musikern aus Lateinamerika und Afrika zusammen. Viele seiner Bücher behandeln Themen rund um die Menschenrechte, mit denen er sich nicht nur als Autor beschäftigt, sondern auch als Mitarbeiter von Menschenrechtsorganisationen oder Berater von Projekten wie z.B. Selbsthilfegruppen der Angehörigen von „Verschwundenen“ in Lateinamerika und Afrika oder Behandlungszentren für Folteropfer, von denen er einige mitbegründet hat, darunter das Behandlungszentrum für Folteropfer in Ulm (BFU).

Bei Amnesty International ist er seit 1970 in vielen verschiedenen Funktionen engagiert (wofür er von der Schule flog) und kennt das Innenleben der Organisation sowie die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen (NGO) wie wenig andere.

Er ist als herausragender Redner und Rezitator bekannt und gilt bei Erwachsenen wie bei Jugendlichen als äußerst kenntnisreicher, dabei anregender und humorvoller Gesprächspartner, der auch komplexe Themen anschaulich vermitteln kann.

Info:

http://www.amnesty-ulm.de/bildung/fuer-erwachsene

http://www.amnesty-ulm.de/bildung/fuer-schulen

Behandlungszentrum für Folteropfer Ulm:

http://www.bfu-ulm.de

Ulmer Stiftung Menschenrechtsbildung:

http://www.stiftung-menschenrechtsbildung.de

Urs M. Fiechtner, geboren 1955 in Bonn, gehört zu den wenigen Schriftstellern seiner Generation, die sich von Anfang an – also ohne den Umweg über einen „Brotberuf“ – der Literatur verschrieben haben. Er wuchs in Chile heran, spielte dort auf Kindergeburtstagen Sackhüpfen mit Offizieren, die später zu Kommandeuren von Folterzentren avancieren sollten und legte sich im Alter von sieben Jahren darauf fest, später „entweder Schriftsteller oder Indianer zu werden“.
Das mit dem Indianer hat nicht geklappt.
Zurück in der Bundesrepublik, flog er in kurzen Abständen von mehreren Schulen – erst wegen seiner Abneigung gegen rechtsradikale Lehrer, zuletzt wegen einer wachsenden Abneigung gegen die Schule an sich – machte seinen Zivildienst, gründete 1976 die interkulturelle autorengruppe79 und gab mit 21 Jahren sein erstes Buch heraus: eine Lyrikanthologie über Freiheit und Zivilcourage, die zu seiner eigenen überraschung sofort ein Erfolg wurde. Seitdem sind zahlreiche Lyrik- und Prosabände erschienen, viele davon in Zusammenarbeit mit Sergio Vesely oder anderen Mitarbeitern der Autorengruppe.
Fiechtners Veröffentlichungen zeigen ein in Formen und Themen weit gefächertes Spektrum, das gleichermaßen eine sehr vielseitige Lyrik wie Prosa umfasst und bis hin zu Interpretationen indianischer überlieferungen, historischen Erzählungen, dokumentarischen Skizzen, Satiren, übersetzungen, Jugendbüchern oder Literatur- & Musik-Aufnahmen reicht. Den Schwerpunkt seiner Arbeit legt er auf die Lyrik und auf den variantenreichen Umgang mit Formen der Kurzprosa, schreibt jedoch auch viele Jugendbücher, von denen schon sein erstes („Annas Geschichte“) viele Literaturpreise erhielt, in mehrere Sprachen übersetzt wurde und mittlerweile als Klassiker gilt – obwohl er, wie er sagt „eigentlich nicht weiß, was ein Jugendbuch ist…“ Vielleicht werden sie gerade deshalb von Jugendlichen ebenso gerne gelesen wie von Erwachsenen.
Fiechtner kann bei seiner Arbeit auf zwei Sprachen und zwei Kulturkreise zurückgreifen. Der stilistische Reichtum lateinamerikanischer Poesie steht ihm ebenso zur Verfügung wie die präzisen Gestaltungsmittel der deutschsprachigen Literatur, er bleibt weder den Grenzen der einen noch der anderen Sprache verhaftet und hat damit zu einem unverkennbar eigenen Stil gefunden, der Bilderkraft und Präzision miteinander vereint (Jean Améry über Fiechtner: „Hier wird das Wort selbst Ereignis, und zwar nicht nur als Wort, sondern als einbrechendes Geschehen.“).
Ebenso interessant wie der literarische Brückenschlag zwischen Formen und Kulturen ist für Fiechtner die Verbindung von Literatur und Musik. So entstand in der Zusammenarbeit mit Sergio Vesely die Konzertlesung als symbiotische Einheit aus Lyrik und Lied, Prosa und Musik, aus dem gesungenen wie dem gesprochenen Wort. Sie ist heute, nach ungezählten Auftritten überall im deutsch-sprachigen Raum, zu einem festen, längst auch von anderen Künstlern übernommenem Begriff geworden.
Fiechtners Konzertlesungen und Autorenlesungen brachten ihm den Ruf eines herausragenden Vorlesers ein, der „das oft bestätigte Vorurteil widerlegt, dass man Dichter nicht ihre eigenen Werke lesen lassen soll.“ (WAZ). Nicht wenige seiner Lesungen finden inzwischen in Schulen statt, da manche Texte und Bücher vielerorts Eingang in den Unterricht gefunden haben (- einen anständigen Schulabschluß hat er aber trotzdem noch nicht…).
Viele seiner Bücher – auch die Jugendbücher – beruhen auf Dokumentarmaterial aus aller Welt und befassen sich mit zeitgeschichtlichen Themen, die ihn nicht allein als Schriftsteller, sondern schon seit seiner Schülerzeit als ehrenamtlichen Mitarbeiter von Menschenrechtsorganisationen beschäftigen. Die Freiheit, das Recht, die Würde, die Identität und Integrität des Menschen – das sind seine Themen, über die er in vielgestaltigen Formen und weit jenseits von Larmoyanz oder Bitterkeit immer wieder geschrieben hat und immer wieder schreiben wird.

(Quelle: Urs Fiechtner)

Zum Programm:

 

THEMENLISTE FIECHTNER 2015/16

Vorträge, Kurse und Kulturveranstaltungen

I. Menschenrechte, Gesellschaft, Politik

II. Kultur- und Zivilisationsgeschichte

III. Kunst, Literatur und Gesellschaft

IV. Autorenlesungen und Konzertlesungen

I.

MENSCHENRECHTE, GESELLSCHAFT, POLITIK

Jeweils als Einzelveranstaltungen oder als Kurse in 3 – 5 Einheiten

Geschichte und Gegenwart der Menschenrechte

Eine Zusammenfassung der historischen, philosophischen und politischen Entwicklung der Menschenrechte und ein Überblick über ihren Zustand heute. Gleichzeitig wird vermittelt, wie der Schutz der Menschenrechte in unserer Zeit funktioniert, warum es dennoch immer wieder in den meisten Ländern der Welt zu Menschenrechtsverletzungen kommt und weshalb sowohl die Menschenrechte wie auch viele Verfassungsgrundsätze – beispielsweise die ersten 20 Artikel des Grundgesetzes – ohne das Engagement des „mündigen Bürgers“ nicht funktionieren können.

Entstehung der Zivilgesellschaft – die wachsende Bedeutung von Nichtregierungs-organisationen und ihre Arbeitsweise am Beispiel von Amnesty International

Rund 40.000 humanitäre Hilfsorganisationen und Menschenrechtsorganisationen sind heute bei den UN registriert. Gemeinsam bilden sie eine neuen Faktor auf dem Parkett der internationalen Politik. Die weltweit größte Menschenrechtsorganisation ist gleichzeitig auch die erfahrenste: Amnesty International blickt heute auf über ein halbes Jahrhundert der Arbeit für den Schutz und die Durchsetzung der UN – Menschenrechtserklärung zurück. Die Erfahrungen und die Entwicklung der Organisation werden kritisch unter die Lupe genommen, die Arbeitsweise von Amnesty wird erläutert und die Entwicklung der internationalen Standards zum Schutz der Menschenrechte analysiert.

Flucht, Asyl, Migration: Zwischen Abschreckungspolitik und Willkommenskultur

Nur ein Bruchteil der weltweit über 60 Millionen Flüchtlinge strebt nach Europa – dennoch zeigen sich einige Länder der Europäischen Union überfordert. Der Vortrag informiert vor dem Hintergrund der internationalen Rechtslage sachlich über die Fakten rund um Fluchtursachen, Herkunftsländer, Fluchtziele, Fluchtwege und die Zusammensetzung der Flüchtlingsgruppen sowie über die Aufnahmebedingungen und die aktuellen Verfahren der Europäischen und Deutschen Flüchtlingspolitik.

Hinweis für Veranstalter: Sowohl Einzelveranstaltung wie auch Kurs können nach den Wünschen des Veranstalters auf bestimmte Schwerpunkte eingehen und flexibel an aktuelle Entwicklungen angepaßt werden.

Kulturelle Identität und Integration: gibt es Grenzen der Toleranz?

In vielen Ländern Europas nehmen kulturelle Konflikte zwischen Migranten und der einheimischen Bevölkerung zu, zahllose Diskussionen entzünden sich rund um Stichworte wie Kopftuchverbot, Zwangsheirat, Ehrenmorde, Religionsfreiheit, Ghettoisierung, Minarettverbote, ‚Überfremdung’… – Der Vortrag beleuchtet aus der Sicht der Menschenrechtserklärung und des Grundgesetzes die Fragen des Umgangs mit den Rechten auf kulturelle Identität und auf Freiheit der Religionsausübung.

Flucht und Trauma: Folteropfer unter uns

Etwa 30 Prozent der Flüchtlinge in Europa sind Folterüberlebende oder wurden durch andere Formen der Gewalt, etwa als zivile Opfer von Kriegen, schwer traumatisiert.  Die Anzahl der Flüchtlinge, die heute aus Diktaturen und Kriegsgebieten nach Deutschland kommen, steigt immer weiter an. Hinzu kommen Menschen, die als politische Gefangene in den Gefängnissen der DDR misshandelt worden sind.

Auf Initiative von Amnesty International wurde 1995 das Ulmer Behandlungszentrum für Folteropfer (BFU) gegründet, das sich seither bundesweit ein hohes Ansehen erworben hat. Es ist eines von 26 Behandlungszentren in Deutschland, die auf Betreiben von Bürgerinitiativen und Menschenrechtsorganisationen gegründet werden mussten, weil das deutsche Gesundheitssystem  auf die Opfer staatlicher Gewalt unzurei-chend vorbereitet ist. Der Referent gehört zu den Gründern des BFU, das hier gleichzeitig auch als Beispiel für das Entstehen lokaler oder regionaler Menschenrechtsprojekte in ganz Deutschland dient.

Der „Krieg gegen den Terror“ hat Folter wieder salonfähig gemacht – die Zahl der Befürworter einer Lockerung des Folterverbotes steigt. In rund jedem zweiten Land der Welt gehört die Folter zum Alltag, auch in Deutschland ist das absolute Folterverbot nicht mehr unumstritten und es werden immer wieder Versuche unternommen, Folter in Ausnahmefällen zu rechtfertigen („Rettungsfolter“) und die grundgesetzlich verankerte Unantastbarkeit der Menschenwürde zu relativieren. Der Vortrag bietet einen sachlichen und umfassenden Überblick zum Thema und seinem Zusammenhang mit dem Begriff der Menschenrechte und der Menschenwürde.

Menschenrechte auf dem Rückzug – auf dem Weg in eine neue Epoche der Unfreiheit ?

Die Zahl der offenen Diktaturen ist in den vergangenen Jahrzehnten deutlich kleiner geworden, die Zahl der autoritären Regime hinter scheinbar demokratischen Kulissen – auch „Demokraturen“ genannt- nimmt hingegen immer weiter zu. Von Jahr zu Jahr wird die Pressefreiheit in mehr und mehr Ländern der Welt eingeschränkt. Auch der Spielraum für die Organisationen der Zivilgesellschaft wird immer kleiner – in über 50 Ländern gibt es inzwischen sog. „Agentengesetze“ gegen humanitäre Hilfsorganisationen, Menschenrechtsgruppen oder Stiftungen. Sogar in einigen Ländern der Europäischen Union nehmen Menschenrechtsverletzungen zu.

Während es noch bis in die 90er Jahre danach aussah, als ob sich in immer mehr Staaten ein immer besserer Schutz der Menschenrechte durchsetzen würde, scheint sich mit Beginn des neuen Jahrhunderts die Entwicklung umgedreht zu haben: immer neue Krisenherde, Kriege und instabile Staaten bedrohen die Menschenrechte und schränken die Handlungsmöglichkeiten der Zivilgesellschaft ein.

Todesstrafe

Seit der Epoche der Aufklärung wird die Todesstrafe als der symbolische Gegensatz zum Menschenrechtsgedanken zitiert. In Deutschland fordert aber laut Umfragen eine wachsende Anzahl von Menschen die Wiedereinführung dieser Strafe. Der Vortrag bietet einen sachlichen Überblick über Theorie und Praxis der Todesstrafe, liefert nüchterne Daten und Fakten für einen Einstieg in die Diskussion und erläutert den Zusammenhang des Themas mit der Menschenrechtserklärung der UN, den internationalen Menschenrechtsverträgen und dem deutschen Grundgesetz.

Verschwunden – In geheimer Haft

Von Hitlers Nacht-und-Nebel-Erlass bis ins heutige Ägypten, Russland oder Afghanistan und den „Geistergefangenen“ der USA im „Krieg gegen den Terror“: eine von den Nationalsozialisten erfundene Methode der politischen Verfolgung hat sich auf fast die Hälfte aller Länder der Welt ausgebreitet. Am Beispiel des sog. „Verschwindenlassens“ illustriert der Vortrag die innere Logik und Mechanik von Diktaturen und erklärt darüber hinaus, warum „Nazi-Methoden“ noch immer existieren und gelegentlich sogar in Rechtstaaten einsickern können.

Lateinamerika und die Epoche der Militärdiktaturen

Wie lange und wie intensiv das Erbe von Diktaturen nachwirken kann, zeigt sich heute in fast allen Ländern Lateinamerikas. Die historische Epoche der Militärs von 1966 – 1990 wirft lange Schatten und ist daher alles andere als eben „nur Geschichte“, in sehr vielen Ländern sorgt der meist nicht geklärte Umgang mit Opfern und Tätern nach wie vor für Konflikte, in Afrika und Teilen Asiens gibt es immer noch und immer wieder offene und versteckte Militärdiktaturen. Der Vortrag analysiert, wie Militärdiktaturen entstehen und welche Rolle das Militär bis heute in der Politik sehr vieler Länder spielt.

Das Schicksal in die eigenen Hände nehmen – die Rolle der Selbsthilfeorganisationen im Kampf um die Menschenrechte

In der Geschichte der Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und der Entwicklung der internationalen Civil Society spielen die Selbsthilfe-Organisationen der Opfer von Menschenrechtsverletzungen und ihrer Familienangehörigen bis heute eine entscheidende Rolle – bis hin zum Sturz von Diktaturen. Entstanden sind sie aus den Organisationen der Familienangehörigen von Opfern lateinamerikanischer Militärdiktaturen wie zum beispiel den „Müttern der Plaza de Mayo“ in Argentinien. Ihr Beispiel hat weltweit Schule gemacht.

 Das Erbe des Nationalsozialismus

Bezüge zwischen der deutschen Vergangenheit und heutigen Menschenrechts-verletzungen in aller Welt: die Beschäftigung mit der deutschen Geschichte ist viel mehr als nur eine Beschäftigung mit „der Vergangenheit“. Im Gegenteil haben viele Diktaturen unserer Zeit von den Nazis gelernt – die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte ist deshalb auch eine Auseinandersetzung mit vielen modernen Formen von Menschenrechtsverletzungen.

Gerechtigkeit heilt“ – Der Internationale Strafgerichtshof und der Kulturbruch im Umgang mit Menschenrechtsverletzungen

In allen Kulturen und Staaten galt über Jahrtausende, dass gewöhnliche Kriminelle zur Rechenschaft gezogen werden, führende Kriminelle jedoch nicht. Wenn man von Revolutionen oder verlorenen Weltkriegen absieht, hatten Massenmörder seit je her gute Chancen, mit ihren Verbrechen davon zu kommen. Mit der Einrichtung von Institutionen zur Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit – angefangen vom südafrikanischen Modell der „Wahrheitskommission“ bis hin zu Internationalen Tribunalen, dem IStGh oder dem deutschen Völkerrechts- Strafgesetzbuch hat ein neues Zeitalter begonnen, in dem Menschenrechtsverletzungen (fast) ebenso selbstverständlich verfolgt werden wie jeder andere Rechtsbruch.

Glaube, Ideologie, Menschenrechte: auf dem Weg zurück ins Mittelalter ?

Der politische und religiöse Extremismus scheint wieder auf dem Vormarsch zu sein. Fast 70 Jahre nach der aus alter Erfahrung mit Krieg und Unterdrückung gewachsenen globalen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen brechen fast überall auf der Welt neue Krisenherde aus und fast überall scheint es, als würden in einer immer komplizierter gewordenen Welt die Sehnsucht der Menschen danach wachsen, in fundamentalen Ideologien oder Religionsauffassungen einfache Lösungen für komplexe Probleme zu finden. Die einfach erscheinenden schwarz / weiss -Lösungen gibt es deshalb nicht. Der Schriftsteller Urs M. Fiechtner publiziert seit den ’70er Jahren über Menschenrechtsthemen, ist Mitarbeiter bei Amnesty International sowie dem Behandlungszentrum für Folteropfer in Ulm und berät Selbsthilfeorganisationen der Opfer von politischer, religiös oder ethnisch bedingter Gewalt in Afrika und Lateinamerika.

II. KULTUR- UND ZIVILISATIONSGESCHICHTE

Lateinamerika: Indianische Zivilisationen jenseits der Klischees

Das Bild, das Europäer von den indianischen Kulturen Nord-, Mittel- und Südamerikas haben, ist geprägt ist von den Klischees, die Europäer sich selbst gemacht haben – von den blutgierigen Heiden aus den Berichten eines Cortez oder Pizarro, den hilflosen Opfern aus den Schriften von Bartolome de las Casas, dem „Edlen Wilden“ von Rousseau, den Phantasiegestalten von Karl May bis hin zu zählebigen touristisch-musealen Ausstellungsmotti wie dem „Gold der Inkas“.

Das eigentliche Thema, nämlich die Entstehung von organisierten und hoch entwickelten Gesellschaften in der vollständigen Isolation von Asien und Europa – und dabei dennoch mit gewissen Parallelen – geht dabei unter.

Ein Überblick über indianische Zivilisation, Philosophie und Kultur.

Nezahualcóyotl – Dichter, Abenteurer, Staatsmann und Reformator

Kaum eine Gestalt der präkolumbischen Geschichte ist so fesselnd und so widersprüchlich zu allen Klischees, die sich Europäer von „Indios“ und ihren Kulturen machen wie der Gründer der Universität von Texcoco/Mexiko im 15. Jahrhundert, der als Fürst und Alliierter von Moctecuzohma I. (Montezuma) das Rechtsystem reformierte, eine ständische Demokratie einführte und mit der Einführung des „Tloque in nahuaque“ (Gott ohne Namen) einen theologisch einzigartigen Kompromiß einschlug, um den Frieden zwischen den Religionen des Atztekenreiches zu schaffen und Ordnung in das überfüllte Pantheon Mittelamerikas zu bringen.

Bartolome de Las Casas – der erste „Verteidiger der Indios“

Es war der spanische Licenciado und Kolonist Bartolome de las Casas der als erster, noch früh im 16. Jahrhundert, die Verbrechen der Kolonisatoren aufschrieb und den bis heute in Spanien umstrittenen Ehrentitel „Verteidiger der Indios“ erhielt. Gleichzeitig gilt er als Erfinder des afrikanischen Sklavenhandels mit Amerika. Sein „Bericht von der Verwüstung der westindischen Inseln“ wurde ein Beststeller. In Spanien gilt er bis heute als Erfinder der „Schwarzen Legende“ vom Völkermord an den Ureinwohnern; Versuche, ihm als Aufdecker der Kolonialverbrechen Denkmäler zu setzen, enden in Spanien bis heute oft in blutigen Auseinandersetzungen. Innerhalb der Katholischen Kirche lösten seine Schriften im 16. und 17. Jahrhundert profunde Debatten aus – zum Beispiel darüber, „ob Indianer auch Menschen sind und nach den Gesetzen behandelt werden müssen, die für Menschen gelten“. Katastrophale Folgen hatte sein Vorschlag, zum Schutze der Indios schwarze Sklaven aus Afrika einzuführen – ein Irrtum, den er erst auf dem Totenbett erkannte.

Lateinamerika: Der Kontinent der Mißverständnisse

Eine Einführung in die Kultur, Geschichte und Politik Lateinamerikas seit der Kolonisierung anhand der Mißverständnisse, die sich in europäischen Köpfen breit gemacht haben. Angefangen von der irrtümlichen Namensgebung durch einen deutschen Kartographen, der Amerigo Vespucci für den Entdecker Amerikas hielt, bis hin zu der Einbildung, „Amerika“ würde nur aus „den Amerikanern“ bestehen

III. KUNST, LITERATUR UND GESELLSCHAFT

Pablo Neruda

Neftali Ricardo Reyes Basoalto, geb. 1904 in Parral, gestorben 1973 in Santiago/Chile, Lyriker, Diplomat, Präsidentschaftskandidat, Kosmopolit, Literaturnobelpreisträger, besser bekannt unter dem Namen Pablo Neruda. Er gilt als der bedeutendste lateinamerikanische Lyriker des 20. Jahrhunderts, hatte sich lebenslang in die Politik seines Landes eingemischt, die lateinamerikanische Literatur geprägt wie kaum ein anderer und sich, Nobelpreis und andere Auszeichnungen hin oder her, als poeta del pueblo, als Dichter des Volkes, in die Herzen (nicht nur) der Lateinamerikaner geschrieben.

Leben und Werk anhand seiner eigenen Texte – Mischung aus Vortrag, Gespräch und Lesung über einen der einflußreichsten politischen Dichter der Moderne.

Was ist und wie entsteht Literatur ?

Ein Blick hinter, auf und unter den Schreibtisch des Literaten. Erklärt wird, was Literatur jenseits der Unterhaltung anstrebt, was ein „implizierter Leser“ oder ein „Serviettengedicht“ ist, warum ein Buch ein Kooperationsprojekt zwischen Autor/in und Leser/in ist, warum es heute so schwer ist, an ein gutes Buch heranzukommen und was Autoren/innen seit der Antike eigentlich antreibt. Ein Überblick über die Grundlagen der Literaturwissenschaft.

Kann als unterhaltsame Mischung zwischen Gespräch, Vortrag und Lesung gestaltet werden.

Im Land der „Dichter und Denker“: Hinter den Kulissen des Kulturbetriebes…

gehören Künstler eher zum Prekariat als zu den „Eliten“. Insgesamt leben 60 % aller deutschen Künstler am oder unter dem Existenzminimum, noch schlimmer steht es um die „Dichter“: nur etwa 5 % der deutschsprachigen Autoren/innen können von ihrer Arbeit leben. Subventionen für den Kulturbetrieb werden abgebaut, während gleichzeitig sehr hohe Summen in eine „Spitzenkultur“ fließen, die mehr und mehr identisch wird mit der Unterhaltungsindustrie. Das Verlagswesen konzentriert sich nach und nach (ebenso wie Zeitungen) auf wenige Konzerne, nach und nach wird die „Artenvielfalt“ der Kultur bedroht, die Kunst zwanghaft kommerzialisiert und in das Gefängnis der schieren Unterhaltung gesperrt.

Die Kunst des Vortrags

Techniken für Menschen, die Vorträge / Referate / Präsentationen halten oder sich im Vorlesen und Rezitieren üben wollen.

Die Gestaltung des Kurses wird flexibel den Vorstellungen des Veranstalters angepaßt.

Als Einzelveranstaltung („Crash-Kurs“) an einem Tag mit mindestens 2 x , möglichst 3 x 90 min. oder als Kurs mit 5 Abenden a 90 – 120 min.

IV. Autorenlesungen und Konzertlesungen

Fast alle der genannten Kurs- und Vortragsthemen können auch in Form von Kulturveranstaltungen aufgegriffen werden, d.h. als Autorenlesungen mit belletristischen Texten sowie erzählenden Sachtexten oder als Konzertlesungen in der Kombination aus Literatur und Musik.

Konzertlesungen – Literatur und Musik mit Sergio Vesely und Urs M. Fiechtner

Der chilenische Komponist und Sänger Sergio Vesely und der deutsche Schriftsteller Urs M. Fiechtner prägten vor fast 40 Jahren den Begriff der Konzertlesung für eine beispielhaft symbiotische Verknüpfung von Literatur und Musik, die seitdem von vielen Autoren und Musikern nachgeahmt wird.

Insgesamt gibt es rund 30 Themen für die Gestaltung von Konzertlesungen, viele der Themen entsprechen den o.g. Vortragsthemata, je nach individueller Absprache mit dem Veranstalter. Besonders aktuelle Veranstaltungen finden Sie unten.

Als Einzelveranstaltung in 90 min. oder als „lange Nacht“ mit 2 x 90 min.

Autorenlesungen

Insgesamt rund 30 Themen für Autorenlesungen aus den Büchern von Fiechtner, viele davon entsprechen den o.g. Vortragsthemata und können als Mischung zwischen belletristischen Texten, erzählenden Sachtexten und informativen Kommentaren gestaltet werden. Jeweils als Einzelveranstaltung in 90 min (Lesung + Gespräch). Besonders aktuelle Themen / neue Bücher siehe im Folgenden.

Flucht, Asyl, Exil: Fremd in Deutschland

Gedichte, Kurzgeschichten, Prosaskizzen und Lieder über das Exil an sich, besonders aber über das Exil und Asyl in Deutschland und über andere Gründe, in Deutschland fremd zu sein. – Oder auch befremdet zu sein. In oftmals überraschenden Wendungen wird vom Leben und Denken von Flüchtlingen erzählt, der einzelne Mensch und sein individuelles Schicksal hinter den Zahlenkolonnen der Statistiken sichtbar gemacht. Berichtet wird von den Gründen, die Heimat zu verlassen und unfreiwillig eine neue zu suchen oder doch wenigstens einen vorübergehenden Schutz, von den Schwierigkeiten, in Deutschland Schutz zu finden, von den unterschiedlichen – und bisweilen seltsamen – Perspektiven, aus denen In- und Ausländer einander beäugen, – und nicht zuletzt von der Frage, was den Umgang miteinander eigentlich so schwierig macht.
Hier und dort wird offengelassen, ob Ausländer oder Inländer gemeint sind, wenn von ‘Fremden’ die Rede ist, und worin die Andersartigkeit liegen mag, die sie trennt. Oder auch nur zu trennen scheint…

Kulturbetrieb: Mit Möwenzungen in der Mehrzweckhalle

Zwei Künstler, zwei Kontinente und über 40 Jahre gemeinsame Kultur- und Menschenrechtsarbeit – zum ersten Mal erzählen Fiechtner und Vesely hier mal amüsante, mal haarsträubende, aber immer sehr authentische und erhellende Geschichten aus dem (gesellschaftspolitischen) Kulturleben. Warum Verleger Kraken sind. Wieso Mirko, Marko und Murko die Deutschstunde scheisse finden, aber nur, bis der Autor ihnen das Kamasutra erklärt. Was ein „Anmeldeado“ ist und warum er einen Schock in Darmstadt bekommt. Warum man in Südamerika findet, dass Deutsche Kultur aus Volkswagen plus Wurst besteht. Und in Sachsen auch. Und vieles mehr… – Insgesamt ein erfrischender und zugleich analytischer Blick auf das deutsche Kulturleben.

Buchvorstellung: Urs M. Fiechtner, Sergio Vesely: Mit Möwenzungen in der Mehrzweckhalle. Kurzgeschichten, mit einem Beitrag von Dr. Cornelia Gräbner, Edition Kettenbruch 2015, Ulm/Stuttgart/Aachen, 244 S., 16,80 Euro, ISBN 978-7375-4350-7

Flucht und Trauma: Verteidigung der Menschenwürde

Etwa 30 Prozent der Flüchtlinge in Europa sind ehemalige Folteropfer oder wurden durch andere Formen der Gewalt, etwa als zivile Opfer von Kriegen, schwer traumatisiert.  Die Anzahl der Flüchtlinge, die heute aus Diktaturen und Kriegsgebieten nach Deutschland kommen, steigt immer weiter an. Hinzu kommen Menschen, die als politische Gefangene in den Gefängnissen der DDR misshandelt worden sind – was geschieht mit traumatisierten Menschen, wie kann man ihnen helfen? Auf Initiative von Amnesty International wurde 1995 das Ulmer Behandlungszentrum für Folteropfer (BFU) gegründet, das sich seither bundesweit ein hohes Ansehen erworben hat. Es ist eines von 26 Behandlungszentren in Deutschland, die auf Betreiben von Bürgerinitiativen und Menschenrechtsorganisationen gegründet werden mussten, weil das deutsche Gesundheitssystem  auf die Opfer staatlicher Gewalt unzureichend vorbereitet ist.

Zum 20-jährigen Bestehen des BFU berichten wir in diesem Buch über die Hilfe für Folteropfer.

Buchvorstellung: Fiechtner/Drößler/Bercher/Schlichenmaier (Hg.): Verteidigung der Menschenwürde. Die Arbeit des Behandlungszentrums für Folteropfer Ulm, Edition Kettenbruch, Ulm/Stuttgart/Aachen, September 2015, 264 Seiten

Texte und Bilder: Urs M. Fiechtner

ALLE 30 ARTIKEL DER ALLGEMEINEN ERKLÄRUNG DER MENSCHENRECHTE

Resolution 217 A (III) vom 10.12.1948

Präambel

Da die Anerkennung der angeborenen Würde und der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet,

da die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei geführt haben, die das Gewissen der Menschheit mit Empörung erfüllen, und da verkündet worden ist, daß einer Welt, in der die Menschen Rede- und Glaubensfreiheit und Freiheit von Furcht und Not genießen, das höchste Streben des Menschen gilt,

da es notwendig ist, die Menschenrechte durch die Herrschaft des Rechtes zu schützen, damit der Mensch nicht gezwungen wird, als letztes Mittel zum Aufstand gegen Tyrannei und Unterdrückung zu greifen,

da es notwendig ist, die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Nationen zu fördern,

da die Völker der Vereinten Nationen in der Charta ihren Glauben an die grundlegenden Men-schenrechte, an die Würde und den Wert der menschlichen Person und an die Gleichberechti-gung von Mann und Frau erneut bekräftigt und beschlossen haben, den sozialen Forschritt und bessere Lebensbedingungen in größerer Freiheit zu fördern,

da die Mitgliedstaaten sich verpflichtet haben, in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen auf die allgemeine Achtung und Einhaltung der Menschenrechte und Grundfreiheiten hinzuwirken,

da ein gemeinsames Verständnis dieser Rechte und Freiheiten von größter Wichtigkeit für die volle Erfüllung dieser Verpflichtung ist,

verkündet die Generalversammlung

diese Allgemeine Erklärung der Menschenrechte als das von allen Völkern und Nationen zu erreichende gemeinsame Ideal, damit jeder einzelne und alle Organe der Gesellschaft sich diese Erklärung stets gegenwärtig halten und sich bemühen, durch Unterricht und Erziehung die Achtung vor diesen Rechten und Freiheiten zu fördern und durch fortschreitende nationale und internationale Maßnahmen ihre allgemeine und tatsächliche Anerkennung und Einhaltung durch die Bevölkerung der Mitgliedstaaten selbst wie auch durch die Bevölkerung der ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Gebiete zu gewährleisten.

Artikel 1

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.

Artikel 2

Jeder hat Anspruch auf die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand.

Des weiteren darf kein Unterschied gemacht werden auf Grund der politischen, rechtlichen oder internationalen Stellung des Landes oder Gebiets, dem eine Person angehört, gleichgültig ob dieses unabhängig ist, unter Treuhandschaft steht, keine Selbstregierung besitzt oder sonst in seiner Souveränität eingeschränkt ist.

Artikel 3

Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.

Artikel 4

Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel sind in allen ihren Formen verboten.

Artikel 5

Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.

Artikel 6

Jeder hat das Recht, überall als rechtsfähig anerkannt zu werden.

Artikel 7

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben ohne Unterschied Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz. Alle haben Anspruch auf gleichen Schutz gegen jede Diskriminierung, die gegen diese Erklärung verstößt, und gegen jede Aufhetzung zu einer derartigen Diskriminierung.

Artikel 8

Jeder hat Anspruch auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei den zuständigen innerstaatlichen Gerichten gegen Handlungen, durch die seine ihm nach der Verfassung oder nach dem Gesetz zustehenden Grundrechte verletzt werden.

Artikel 9

Niemand darf willkürlich festgenommen, in Haft gehalten oder des Landes verwiesen werden.

Artikel 10

Jeder hat bei der Feststellung seiner Rechte und Pflichten sowie bei einer gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Beschuldigung in voller Gleichheit Anspruch auf ein gerechtes und öffentliches Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht.

Artikel 11

  1. Jeder, der wegen einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, hat das Recht, als unschuldig zu gelten, solange seine Schuld nicht in einem öffentlichen Verfahren, in dem er alle für seine Verteidigung notwendigen Garantien gehabt hat, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.
  2. Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Ebenso darf keine schwerere Strafe als die zum Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung angedrohte Strafe verhängt werden.

Artikel 12

Niemand darf willkürlichen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden. Jeder hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.

Artikel 13

  1. Jeder hat das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsort frei zu wählen.
  2. Jeder hat das Recht, jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen und in sein Land zurückzukehren.

Artikel 14

  1. Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen.
  2. Dieses Recht kann nicht in Anspruch genommen werden im Falle einer Strafverfolgung, die tatsächlich auf Grund von Verbrechen nichtpolitischer Art oder auf Grund von Handlungen erfolgt, die gegen die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen verstoßen.

Artikel 15

  1. Jeder hat das Recht auf eine Staatsangehörigkeit.
  2. Niemandem darf seine Staatsangehörigkeit willkürlich entzogen noch das Recht versagt werden, seine Staatsanghörigkeit zu wechseln.

Artikel 16

  1. Heiratsfähige Frauen und Männer haben ohne Beschränkung auf Grund der Rasse, der Staatsangehörigkeit oder der Religion das Recht zu heiraten und eine Familie zu gründen. Sie haben bei der Eheschließung, während der Ehe und bei deren Auflösung gleiche Rechte.
  2. Eine Ehe darf nur bei freier und uneingeschränkter Willenseinigung der künftigen Ehegatten geschlossen werden.
  3. Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat.

Artikel 17

  1. Jeder hat das Recht, sowohl allein als auch in Gemeinschaft mit anderen Eigentum innezuhaben.
  2. Niemand darf willkürlich seines Eigentums beraubt werden.

Artikel 18

Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder Überzeugung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen.

Artikel 19

Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.

Artikel 20

  1. Alle Menschen haben das Recht, sich friedlich zu versammeln und zu Vereinigungen zusammenzuschließen.
  2. Niemand darf gezwungen werden, einer Vereinigung anzugehören.

Artikel 21

  1. Jeder hat das Recht, an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten seines Landes unmittelbar oder durch frei gewählte Vertreter mitzuwirken.
  2. Jeder hat das Recht auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern in seinem Lande.
  3. Der Wille des Volkes bildet die Grundlage für die Autorität der öffentlichen Gewalt; dieser Wille muß durch regelmäßige, unverfälschte, allgemeine und gleiche Wahlen mit geheimer Stimmabgabe oder in einem gleichwertigen freien Wahlverfahren zum Ausdruck kommen.

Artikel 22

Jeder hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit und Anspruch darauf, durch innerstaatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit sowie unter Berücksichtigung der Organisation und der Mittel jedes Staates in den Genuß der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen, die für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich sind.

Artikel 23

  1. Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.
  2. Jeder, ohne Unterschied, hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.
  3. Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen.
  4. Jeder hat das Recht, zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und solchen beizutreten.

Artikel 24

Jeder hat das Recht auf Erholung und Freizeit und insbesondere auf eine vernünftige Begrenzung der Arbeitszeit und regelmäßigen bezahlten Urlaub.

Artikel 25

  1. Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen gewährleistet sowie das Recht auf Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Verwitwung, im Alter sowie bei anderweitigem Verlust seiner Unterhaltsmittel durch unverschuldete Umstände.
  2. Mütter und Kinder haben Anspruch auf besondere Fürsorge und Unterstützung. Alle Kinder, eheliche wie außereheliche, genießen den gleichen sozialen Schutz.

Artikel 26

  1. Jeder hat das Recht auf Bildung. Die Bildung ist unentgeltlich, zum mindesten der Grundschulunterricht und die grundlegende Bildung. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch. Fach- und Berufsschulunterricht müssen allgemein verfügbar gemacht werden, und der Hochschulunterricht muß allen gleichermaßen entsprechend ihren Fähigkeiten offenstehen.
  2. Die Bildung muß auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und auf die Stärkung der Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten gerichtet sein. Sie muß zu Verständnis, Toleranz und Freundschaft zwischen allen Nationen und allen rassischen oder religiösen Gruppen beitragen und der Tätigkeit der Vereinten Nationen für die Wahrung des Friedens förder-lich sein.
  3. Die Eltern haben ein vorrangiges Recht, die Art der Bildung zu wählen, die ihren Kindern zuteil werden soll.

Artikel 27

  1. Jeder hat das Recht, am kulturellen Leben der Gemeinschaft frei teilzunehmen, sich an den Künsten zu erfreuen und am wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Errungenschaften teilzuhaben.
  2. Jeder hat das Recht auf Schutz der geistigen und materiellen Interessen, die ihm als Urheber von Werken der Wissenschaft, Literatur oder Kunst erwachsen.

Artikel 28

Jeder hat Anspruch auf eine soziale und internationale Ordnung, in der die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten voll verwirklicht werden können.

Artikel 29

  1. Jeder hat Pflichten gegenüber der Gemeinschaft, in der allein die freie und volle Entfaltung seiner Persönlichkeit möglich ist.
  2. Jeder ist bei der Ausübung seiner Rechte und Freiheiten nur den Beschränkungen unterworfen, die das Gesetz ausschließlich zu dem Zweck vorsieht, die Anerkennung und Achtung der Rechte und Freiheiten anderer zu sichern und den gerechten Anforderungen der Moral, der öffentlichen Ordnung und des allgemeinen Wohles in einer demokratischen Gesellschaft zu genügen.
  3. Diese Rechte und Freiheiten dürfen in keinem Fall im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen ausgeübt werden.

Artikel 30

Keine Bestimmung dieser Erklärung darf dahin ausgelegt werden, daß sie für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person irgendein Recht begründet, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung zu begehen, welche die Beseitigung der in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten zum Ziel hat.

Quelle: UN Department for General Assembly and Conference Management German Translation Service (Stand: 30.10.2009)http://www.ohchr.org/EN/UDHR/Pages/Language.aspx?LangID=ger

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